Think-Tanks bezweifeln Wirkung von EU-Grenzabgabe für Kohlenstoffmarkt

Aufgrund kostenloser CO2-Zertifikate können bestimmte EU-Unternehmen CO2 auszustoßen, ohne dafür zu bezahlen. Aktuell gibt es Pläne für ein Instrument, welches diese sehr umstrittenen kostenlosen CO2-Zertifikate ersetzen soll. Allerdings befürchten Klimaforschungsinstitute, dass mehr als die Hälfte der Zertifikate dennoch unverändert bleiben werden.

Derzeit erhalten Unternehmen in kohlenstoffintensiven Sektoren, die unter das europäische Emissionshandelssystem (ETS) fallen, eine bestimmte Menge an kostenlosen Zertifikaten für den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid, ohne dafür bezahlen zu müssen. Anhand dieses Systems soll zwar die Verlagerung dieser Industriezweige in Länder, in denen die Verschmutzung billiger ist, verhindert werden. Der Emissionsabbau in Europa wird jedoch verlangsamt.

Mehrheit der gesamten Zertifikate von der neuen Gesetzgebung unberührt

Die Europäische Kommission schlug im Juli einen Kohlenstoffgrenzausgleichsmechanismus als Ersatz für dieses System vor, um Unternehmen vor billigeren Importen zu schützen. Laut der Denkfabrik Sandbag entfallen jedoch lediglich 47 % der kostenlosen Zertifikate auf die Industriesektoren, die bei der ersten Einführung berücksichtigt wurden. Demnach bleiben 53 % der gesamten Zertifikate von der neuen Gesetzgebung unberührt. Dies betrifft Sektoren, die derzeit kostenlose Zertifikate erhalten, wie Glas, Chemikalien und Raffinerieprodukte, keine Veränderung erfahren und keinen Druck zur Dekarbonisierung verspüren werden.

Insgesamt werden 11,5 Milliarden Euro an kohlenstoffintensiven Grundstoffen nach Europa importiert. 6,5 Milliarden der kohlenstoffintensive Grundstoffe werden in die erste Phase der Einführung einbezogen. Die restlichen 5 Milliarden Euro, wie Glas, Papier, Ferrolegierungen und Erdöl, können in einer späteren Phase einbezogen werden, zeigt der am 31. August veröffentlichte Bericht der Think Tanks E3G und Sandbag.

„Wenn der Grenzausgleichsmechanismus für Kohlenstoff vollständig eingeführt ist und sich nichts ändert, werden etwa 50 % der kostenlosen Zuteilungen bestehen bleiben“, erklärte Domien Vangenechten, Politikberater bei E3G, gegenüber EURACTIV, einem Online-Medium zur Europapolitik.

„Das bedeutet für die Dekarbonisierungsbemühungen, dass … diese Industrien immer noch nicht für ihre Emissionen zahlen müssen. Der Preis der Emissionen wird sich nicht in der Wertschöpfungskette durchsetzen, so dass die einzelnen Verbraucher die Auswirkungen des Kohlenstoffpreises nicht spüren werden. Somit gibt es nur begrenzte Anreize, den Produktionsprozess oder die Verbrauchsgewohnheiten zu ändern. Die Verschmutzer werden für weitere zehn bis 15 Jahre vom Haken gelassen“, fügte er hinzu.

Die Kohlenstoffgrenzsteuer im Jahr 2023 soll mit einer dreijährigen Testphase eingeführt werden, in der keine Abgaben erhoben werden. Vor Ablauf dieses Zeitraums wird die Europäische Kommission einen Bericht über das System vorlegen und möglicherweise eine Ausweitung vorschlagen. Für die an der ersten Einführung beteiligten Sektoren ändert sich bis 2026 nichts, wenn die kostenlosen Zuteilungen schrittweise abgebaut werden.

Euractiv: Laut Think Tanks bleibt der Kohlenstoffmarkt von der EU-Grenzabgabe weitgehend unbeeinflusst