Umwelt-Allianz fordert klimafitte Flüsse

23. Juli 20

„Für lebendige und klimafitte Flüsse, gegen subventionierte Naturzerstörung“: Unter diesem Motto warnt eine Allianz aus 40 Umweltorganisationen und Vertreter*innen aus der Wissenschaft und Zivilgesellschaft vor einem ungezügelten Ausbau der Wasserkraft auf Kosten der Allgemeinheit. Konkret fordert die Initiative von WWF Österreich und Umweltdachverband in einem aktuellen Appell wirksame Naturschutzkriterien im geplanten Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG), damit keine neuen Kraftwerke in Schutzgebieten sowie an den letzten ökologisch intakten Flussstrecken subventioniert werden.

„Die Politik hat die Verbauung einzigartiger Flusslandschaften schon viel zu lange subventioniert und dadurch zahlreiche Ökosysteme in den Kollaps getrieben. Anstatt auch noch die letzten freien Fließgewässer zuzupflastern, muss das Fördersystem grundlegend reformiert und auf Modernisierung und Effizienzsteigerung bestehender Kraftwerke gesetzt werden“, fordert der Umweltdachverband-Präsident Franz Maier. „Der Ausbau der Erneuerbaren muss in Zukunft naturverträglich sein, wie es auch im Regierungsprogramm festgelegt ist. Ansonsten drohen stets neue Belastungen für die bereits stark geschädigte Biodiversität und Morphologie in unseren Fließgewässern.“ Denn laut einer aktuellen BOKU-Studie gelten bereits rund 60 Prozent der heimischen Fischarten als gefährdet, stark gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht. Nur noch 15 Prozent der Flüsse sind ökologisch intakt. „Der extrem hohe Ausbaugrad der Wasserkraft ist dafür einer der Hauptfaktoren“, so Maier.

„Gerade in der Klimakrise brauchen wir intakte Flüsse als Schutzschilder gegen Dürreperioden, Überhitzung und Artensterben. Daher muss die Bundesregierung sicherstellen, dass der notwendige Ökostrom-Ausbau in Zukunft konsequent naturverträglich erfolgt. Neue Kraftwerke in Schutzgebieten sowie in den letzten unberührten Flusslandschaften müssen tabu sein“, fordert Hanna Simons, Programmleiterin des World Wildlife Funds (WWF). „Österreich hat einen viel zu hohen Energieverbrauch. Deshalb reicht es nicht aus, nur auf Ausbau zu setzen. Stattdessen müssen wir massiv Energie sparen und das Steuersystem komplett ökologisieren, um die Abhängigkeit von Öl und Gas stark zu verringern“, fordert Simons.

Zu den Unterstützer*innen des Appells zählen neben zahlreichen Umweltorganisationen auch renommierte Persönlichkeiten aus der Wissenschaft, darunter die Klimawissenschaftlerin Helga Kromp-Kolb, der Klimaforscher Herbert Formayer, der Politikwissenschaftler Ulrich Brand und der Gewässerökologe Steven Weiss. Auch engagierte Prominente wie Skispringlegende Toni Innauer und Schauspieler Gregor Seberg haben sich der Forderung angeschlossen. Gemeinsam fordern sie eine naturverträgliche Energiewende und einen Subventionsstopp für den Bau neuer Wasserkraftwerke in Schutzgebieten sowie an den letzten ökologisch sehr guten Flüssen. Da von den bestehenden Wasserkraftanlagen fast 80 Prozent die geltenden ökologischen Mindestanforderungen verfehlen, fordert der Appell, Modernisierungen den Vorrang gegenüber Neubauten zu geben. Nicht extra subventioniert werden sollen jene Kleinstkraftwerke, die für sehr wenig Energie sehr viel Natur zerstören und daher auch für das Klima nur wenig bringen.

„Unsere Flüsse sind die am stärksten vom Artensterben betroffenen Lebensräume. Auch in Österreich haben jahrzehntelange Fehlentwicklungen diese Ökosysteme stark beschädigt und zu einem drastischen Artenrückgang geführt“, erklärt Gewässerökologe Steven Weiss von der Universität Graz. „Dennoch sind zusätzlich zu den mehr als 5.200 bestehenden Wasserkraftwerken hunderte neue Projekte geplant. Dabei ist der hohe Anteil von Anlagen unter 1 MW Leistung besonders problematisch. Dieser Bereich liefert weniger als 5 Prozent des Stroms, macht aber 86 Prozent aller Anlagen aus, die ins Netz liefern.“ Befeuert von schlechten finanziellen Anreizen stelle jedes einzelne dieser Kleinstkraftwerke einen massiven Eingriff in die Natur dar.

„Die Klimakrise ist längst in Österreich angekommen. Im Kern jeder Lösungsstrategie muss unser viel zu hoher Energieverbrauch stehen“, ist Klimaforscher Herbert Formayer von der Universität für Bodenkultur Wien überzeugt. „Wenn wir es nicht schaffen, unseren Bedarf zu reduzieren, führt dies unweigerlich zur weiteren Ausbeutung natürlicher Ressourcen auf Kosten künftiger Generationen. Erneuerbare Energien dürfen – anders als bisher – nur mehr konsequent naturverträglich ausgebaut werden.“


Download: Appell an BM Leonore Gewessler: „Für lebendige und klimafitte Flüsse, gegen subventionierte Naturzerstörung“:

 

Appell an BMin Leonore Gewessler

Presseaussendung Umweltdachverband