Umweltdachverband zu UVP-G-Novelle: Massive Umweltrisiken statt elementarer Naturraumschutz

Am 19. September endete die Begutachtungsfrist für die Novelle des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G). Ziel des Gesetzes ist es, den schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien zu ermöglichen, auch wenn etwa die Energieraumplanung auf Landesebene fehlt. Das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hatte vergangenen Sommer einen Vorschlag zur UVP-Novelle zur Begutachtung vorgestellt.
 
Unter anderem sieht die Novelle vor, dass in Bundesländern, in denen es keine Energieraumpläne gibt, Gemeinden über die Errichtung einer Anlage entscheiden dürfen. Außerdem wird Vorhaben für die Energiewende künftig ein hohes öffentliches Interesse zugesprochen. Auf diese Weise sollen Beschwerden keine aufschiebende Wirkung mehr haben.

Mehr als 30 Stellungnahmen
 
Zu dem Entwurf von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) gingen bisher über 30 Stellungnahmen ein.
Zwar wird in zahlreichen Stellungnahmen der schnellere Ausbau erneuerbarer Energien grundsätzlich befürwortet, allerdings gibt es auch kritische Stimmen zur Novelle.

Der Umweltdachverband und Mitgliedsorganisationen orten darin grobe Rechtsmängel, Verschlechterungen der Beteiligungsrechte von anerkannten Umweltorganisationen, massive Umweltrisiken und statt Verfahrensbeschleunigung weitere Verzögerungen. „So würden mit den vermutlich verfassungsrechtswidrigen Regelungen zu Gunsten der Windkraft sämtliche Flächen jener Bundesländer, die über keine Energieraumplanung verfügen, ohne jegliche fachliche Prüfung über Nacht zu potenziellen Ausbauflächen werden. Im Kern bedeutet die gewollte Bevorzugung der Windkraft dabei weitere Verzögerungen und Rechtsunsicherheit, da mit jahrelangen Verfahren bis zu den Höchstgerichten zu rechnen ist", sagt Gerald Pfiffinger, Geschäftsführer des Umweltdachverbandes. 

Weiters inakzeptabel und unionsrechtlich bedenklich sei die vorgesehene Verlagerung von Ausgleichsmaßnahmen in nachgelagerte Verfahren, in denen jeder räumliche oder zeitliche Bezug zum Bauvorhaben verloren ginge – obwohl Ausgleichsmaßnahmen durch die UVP-Richtlinie ein Genehmigungskriterium für Bauvorhaben darstellen. "Trotz positiver Ansätze verfehlt der vorliegende Entwurf die Chance auf einen Beitrag zu einer vorausschauenden und naturverträglichen Energiewende und bedeutet im Gegenteil hochgradig gefährliche Umweltrisiken – und das in einem Gesetz, dessen ureigener Zweck es ist, wertvolle Naturräume im Sinne der Allgemeinheit vor massiven Umweltschäden zu schützen“, sagt Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes."

„Wir haben uns den Entwurf angesehen und sehen dabei Licht und Schatten“, konstatiert das ÖKOBÜRO - Allianz der Umweltbewegung. Verbesserungen gebe es etwa für Projekte der Energiewende und Schwellenwerte, Verschlechterungen seien bei Ausgleichsflächen sowie dem Rechtsschutz der Öffentlichkeit festzustellen. Hier müsse noch nachgebessert werden, so das ÖKOBÜRO - Allianz der Umweltbewegung, das auch die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde bemängelt.
 
„Überschießend und nicht dienlich“

In eine ähnliche Kerbe schlägt das Wirtschafts- und Arbeitsministerium, das die „neuen und für den Projektwerber aufwendig nachzuweisenden Genehmigungskriterien“ zu CO2-Emissionen und zum Bodenschutz kritisch betrachtet. Es sei „überschießend und der Rechtssicherheit nicht dienlich“, diese Probleme im Rahmen des UVP-Verfahrens lösen zu wollen. Mangel beim Personal von Behörden und Gerichten und in der Folge mögliche Verzögerungen ist ein weiterer Kritikpunkt.

Darüber hinaus wird die Bewertung „hohes öffentliches Interesse“ mehrfach als problematisch eingestuft. Das Landwirtschaftsministerium weist darauf hin, dass weiterhin eine Abwägung verschiedener öffentlicher Interessen nötig sei. Schließlich kritisieren die österreichischen Umweltanwälte und -anwältinnen, dass der UVP-Entwurf eine ausgewogene Abwägung zwischen Energiewende und Naturschutz sowie Schutz der Biodiversität verabsäume.

Ein weiterer Kritikpunkt ist das Fehlen von dem UVP-Verfahren vorgelagerten Planungsebenen und mündlichen Vorverhandlungen, die oft bereits im UVP-Verfahren aufkommenden Konflikte schon im Vorfeld lösen zu können, schreibt unter anderem die Arbeiterkammer (AK). Klimaschutzfragen wie zu indirekten CO2-Emissionen und Bodenschutz ließen sich nur bedingt im Rahmen des UVP-Verfahrens klären.

Umweltdachverband Presseaussendung

Ökobüro - Allianz der Umweltbewegung

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