VCÖ-Fachkonferenz: Mehr europäisches Denken und Handeln im Schienenverkehr nötig
In Österreich beträgt der Anteil internationaler Fahrten an der Verkehrsleistung im Schienengüterverkehr sogar 80 Prozent. Tenor bei der VCÖ-Fachkonferenz: Es braucht im Schienenverkehr mehr europäisches Denken und Handeln. Der verstärkte Ausbau der Schieneninfrastruktur, die Beseitigung nationaler Hürden sowie ein einfaches Planen und Buchen von internationalen Bahnreisen in Europa, sind zentrale Aufgaben für die künftige EU-Kommission, für das EU-Parlament und auch für die einzelnen EU-Mitgliedstaaten, betont die Mobilitätsorganisation VCÖ. Im Güterverkehr sind effiziente internationale Bahnverbindungen von besonders hoher Bedeutung. Die Hälfte des Schienengüterverkehrs in der EU sind grenzüberschreitende Transporte. In Griechenland, Dänemark, Lettland und den Niederlanden werden sogar über 90 Prozent der Tonnenkilometer bei grenzüberschreitenden Transporten erbracht, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Daten der Eurostat zeigt. In Österreich kommen 80 Prozent der Verkehrsleistung durch grenzüberschreitende Bahntransporte.
Der Anteil der internationalen Bahnfahrten im Personenverkehr ist zwar deutlich geringer als im Güterverkehr, jedoch nimmt die Nachfrage stark zu. Im Jahr 2022 wurden in der EU insgesamt 21.112 Millionen Personenkilometer bei grenzüberschreitenden Fahrten mit der Bahn zurückgelegt. In Österreich betrug der Anteil im Jahr 2022 mit 598 Millionen Personenkilometer fünf Prozent, in der Schweiz und in Deutschland waren es jeweils sieben Prozent. Mit Ausnahme des Kleinstaates Luxemburg mit 44 Prozent und Tschechien mit 20 Prozent liegt der Anteil grenzüberschreitender Fahrten an der Schienenverkehrsleistung in den EU-Staaten unter zehn Prozent.
Ein großes Potenzial für die Verlagerung auf die Bahn gibt es bei Geschäftsreisen, betonte bei der VCÖ-Fachkonferenz Hugo Houppermanns von der niederländischen Organisation „Anders Reizen“. 70 große Unternehmen mit insgesamt 550.000 Mitarbeiter:innen haben sich das Ziel gesetzt, die CO2-Emissionen ihrer Geschäftsreisen bis zum Jahr 2030 gegenüber dem Jahr 2016 zu halbieren. Houppermanns empfiehlt den Unternehmen, in den Reiserichtlinien klar festzulegen, dass das Reisen mit der Bahn die Regel ist, insbesondere für Reisen bis 700 Kilometer. Auch in Österreich ist ein Wandel bei Geschäftsreisen erkennbar: Der Anteil der Flugreisen ist in den vergangenen zehn Jahren von 30 Prozent im Jahr 2014 auf 23 Prozent in den ersten drei Quartalen des Vorjahres gesunken, der Bahnanteil bei Geschäftsreisen (sowohl innerhalb Österreichs als auch international) im gleichen Zeitraum von 18 auf 22 Prozent gestiegen.
Die VCÖ-Fachkonferenz macht deutlich, dass die kommende EU-Kommission und das EU-Parlament stärker als bisher einen Schwerpunkt zur Verbesserung des Schienenverkehrs legen müssen. Dazu zählen der forcierte Ausbau und die Modernisierung der Infrastruktur, das Vereinfachen des Planens und Buchens internationaler Bahnreisen sowie der Abbau nationaler Hürden und Barrieren. Im Güterverkehr ist zudem die Kombination von Lkw und Schiene zu vereinfachen. Der Schienengüterverkehr ist ein zentraler Hebel für die Dekarbonisierung, Energieeffizienz und Versorgungssicherheit in Europa. Um gezielt Anreize für Bahntransporte zu setzten, müssen Bahnunternehmen, Infrastruktur und Verkehrspolitik zusammenwirken. Diese Chance bietet sich aktuell mit der Überarbeitung von unterschiedlichen EU-Gesetzen.