Weiter Kritik an geplantem Standortentwicklungsgesetz

16. Aug 18

Das geplante Standortentwicklungsgesetz der ÖVP-FPÖ-Regierung stößt weiterhin auf scharfe Ablehnung. Neben Umweltschutzorganisationen und den Grünen zeigen sich auch die ÖVP-regierten Länder Vorarlberg und Tirol skeptisch.

Im Schulterschluss mit namhaften RechtsexpertInnen bezieht der Umweltdachverband klar Stellung gegen den Entwurf: „Das sogenannte Standortentwicklungsgesetz entpuppt sich eher als Standortzerstörungsgesetz und birgt nicht nur fatale Umweltrisiken, sondern ist auch aus wirtschaftlicher Sicht ein Schuss ins eigene Knie: Die Genehmigungen, die das geplante Gesetz durch einen gesetzlichen Automatismus beschleunigen soll, werden in vielen Fällen nicht haltbar sein und erst recht zu langwierigen Rechtsprozessen und öffentlichen Querelen führen. Statt schlanker Prozesse bedeutet dies einen Bärendienst für Unternehmen und Gerichte“, sagt Mag. Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes.

In seiner Stellungnahme zum Standortentwicklungsgesetz fordert der WWF Österreich die ersatzlose Rücknahme des Entwurfs von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck. „Die geplante Demontage des Umweltrechts würde kritische Großprojekte einseitig bevorzugen und im Endeffekt zu mehr Umweltzerstörung in Österreich führen." Viele Verbesserungen wären nicht mehr möglich, Umweltschutz und Rechtsstaatlichkeit kommen unter die Räder“, warnt Hanna Simons, die stellvertretende Geschäftsführerin der Natur- und Umweltschutzorganisation. Besonders negativ ist die mehrfach rechtswidrige Genehmigungs-Automatik: Ausgewählte Großprojekte sollen ein Jahr nach Regierungsbeschluss automatisch genehmigt werden, selbst wenn die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) noch gar nicht abgeschlossen ist. Weiters im Entwurf: eine massive Einschränkung des Rechtsschutzes sowie ein intransparenter Beirat zur Diskussion und Auswahl von Projekten, was ebenfalls EU- und Völkerrecht widerspricht.

“Mit dem neuen Gesetz startet die Regierung einen noch nie dagewesenen Angriff auf den Umweltschutz. Künftig können Großprojekte wie Mülldeponien, Schnellstraßen oder Kraftwerke in der Nachbarschaft errichtet werden, auch wenn sie der Umwelt und der Gesundheit schaden. Die Anrainerinnen und Anrainer sind den Folgen wie Luftverschmutzung, Lärmbelastung oder Zerstörung von Natur und Naherholungsgebieten schutzlos ausgeliefert. Dieses Gesetz ist eine Schande für Österreich und muss weg”, sagt Greenpeace-Sprecher Lukas Hammer. Besonders kritisch sieht die Umweltorganisation, dass Projekte unabhängig vom Verfahrensstand nach zwölf Monaten genehmigt werden müssen - auch wenn sie den Umweltschutzbestimmungen widersprechen. Hier wird ignoriert, dass Projektwerber meist mehrere Monate brauchen, bis sie die Unterlagen vollständig eingereicht haben. Sie könnten künftig das Verfahren einfach aussitzen und nach Ablauf der Frist eine Genehmigung erhalten, obwohl die Umweltprüfung noch nicht gestartet wurde.

Weitere Kritik kommt von der Tiroler Umweltanwaltschaft, die vor mehr Bürokratie und einer Verletzung internationalen Rechts warnt. In deren Stellungnahme heißt es: „Die vielen Rechtsunsicherheiten führen zu Nachteilen im internationalen Standortwettbewerb.“ Fazit: „Dieser ‚Versuch‘ (...) wird zudem auch den von der Bundesregierung in ihrem Arbeitsprogramm angeführten aktuellen Herausforderungen nicht gerecht.“

Auch die Grünen lehnen der Entwurf zur Gänze ab. Die Standortpolitik der Bundesregierung sei „völlig retro“. Aus rechtsstaatlicher Sicht „ist das ein Supergau“, so der Grünen-Bundessprecher Werner Kogler gegenüber der APA.

 

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Begutachtungsverfahren und Stellungnahmen Standortentwicklungsgesetz