Weltnaturkonferenz: WWF fordert ambitioniertes Abkommen

Die Erwartungen an die 15. Weltnaturkonferenz im kanadischen Montréal sind hoch: Ein neuer, globaler Pakt für die biologische Vielfalt soll ausgearbeitet werden. Ziel des Paktes ist es, das Artensterben und den Verlust von Ökosystemen bis 2030 zu stoppen und umzukehren.

Die aktuelle Bilanz des Artensterbens sei fatal, wie der World Wide Fund for Nature (WWF) hervorstreicht. „Die im Rahmen des WWF Living Planet Report untersuchten Bestände wildlebender Arten sind seit 1970 im Schnitt um 69 Prozent eingebrochen”, sagte Karim Ben Romdhane, Experte für internationalen Artenschutz des WWF Österreich, bei einer Pressekonferenz letzte Woche Freitag. „Um diesen Trend umzukehren, brauchen wir ein ambitioniertes Abkommen für die Artenvielfalt, so wie es das Pariser Abkommen für den Klimaschutz ist“, fordert der WWF-Experte, der als Mitglied der österreichischen Delegation vor Ort ist, konkret einen globalen Naturschutz-Pakt mit verbindlichen, messbaren Zielen bis 2030.

Nach Ansicht des WWF sind Schutzgebiete ein wichtiger inhaltlicher Punkt. Dabei fordert die Umweltorganisation die Unterschutzstellung von mindestens 30 Prozent der Landes- und Meeresfläche bis 2030. Nach der „enttäuschenden Klimakonferenz“ in Ägypten biete der Gipfel in Montréal eine Möglichkeit, den rasanten Verlust unserer Lebensgrundlagen noch aufzuhalten.

„Klimakrise und Artensterben sind zwei Seiten derselben Medaille. Wir haben es mit einer Zwillingskrise zu tun, die wir gemeinsam lösen müssen”, betont Julia Balasch vom WWF-Jugendnetzwerk Generation Earth. „Intakte Ökosysteme sind im Kampf gegen die Klimakrise essenziell. Allein in den letzten zehn Jahren hat die Natur 54 Prozent der menschengemachten Treibhausgase aufgenommen”, sagt Balasch mit Bezugnahme auf eine Studie des WWF.

„Das Bewusstsein für die Klimakrise ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Dieses Bewusstsein brauchen wir jetzt auch für das Artensterben und die Bedeutung der Biodiversität. Beide Krisen lassen sich nur mit Hilfe „Natur-basierter Lösungsansätze“ bewältigen. Denn Klimaschutz geht nur mit und nicht gegen die Natur”, so Balasch.

Österreich: Aschauer fordert Trendwende

Den europäischen Zielen zufolge muss auch Österreich seine Naturschutzgebiete deutlich ausbauen, um seinen Beitrag zu dem geplanten Schutzgebietsnetzwerk auf mindestens 30 Prozent der EU-Landesfläche zu leisten – davon ein Drittel hochwertige Schutzgebiete (Nationalparks und Wildnisgebiete, deren Fläche in Österreich derzeit weniger als drei Prozent ausmacht). Parallel dazu brauche es wirksame Maßnahmen gegen den Flächenfraß. Nach wie vor werden täglich im Schnitt 11,3 Hektar Boden verbraucht. „Wir verschmutzen, übernutzen und zerstören unsere Natur, als gäbe es kein Morgen. Daher müssen wir jetzt in allen Bereichen eine echte Trendwende einleiten”, fordert Arno Aschauer, Leiter des Bereichs Arten und Lebensräume beim WWF.

Dazu brauche es auch wesentliche Veränderungen in den bisherigen Strukturen, wie beispielsweise eine Ökologisierung der Raumordnung und des Steuersystems oder die Einrichtung einer nationalen Koordinationsstelle Biodiversität. Überdies müsse die Politik eine Offensive zur Wiederherstellung bereits zerstörter Lebensräume starten, wie es das geplante „EU Nature Restoration Law” vorzeichnet.

Die 15. UN-Weltnaturkonferenz (CBD COP15) findet nach mehrmaliger Verschiebung vom 7. bis 19. Dezember unter der Präsidentschaft Chinas statt. Nachdem die Vorgaben des bis 2020 gültigen Biodiversitäts-Abkommens verfehlt wurden, soll ein neues, ambitioniertes Abkommen mit globalen Zielen und einem Aktionsplan bis 2030 beschlossen werden. Die Weltnaturkonferenz beruht auf dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD), das 150 Staats- und Regierungschefs 1992 unterzeichnet haben. Mittlerweile sind 196 Vertragsparteien beteiligt. Ziel der Konferenz ist bis 2050 eine Welt zu gestalten, die „im Einklang mit der Natur lebt.“

WWF: Wichtiges Signal in EU-Verbot von Waren-Import bei Abholzung

Am Tag vor der 15. UN-Weltnaturkonferenz einigte sich die Europäische Union auf ein EU-Verbot von Waren-Import bei Abholzung. Demnach dürfen Produkte, die auf dem europäischen Markt landen, in Zukunft nicht mehr mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen. Der WWF sieht in dieser aktuellen EU-Einigung einen „wichtigen Durchbruch für den besseren Schutz der weltweiten Regenwälder”. Mit dem weltweit ersten Gesetz gegen Entwaldung zeige die EU ihren Handelspartnern „den richtigen Weg vor, auch wenn es inhaltlich noch Luft nach oben gibt. Weitere Verbesserungen müssen folgen”, sagte Hannah-Heidi Schindler, Expertin für nachhaltige Ernährung beim WWF Österreich. Mehr als zwei Jahre lang hatte die Umweltschutzorganisation mit der europaweiten Kampagne #Together4Forests für ein EU-Waldschutzgesetz gekämpft. „Jetzt geht es um eine lückenlose Umsetzung und wirksame Kontrollen der neuen Regeln. Defizite müssen rasch behoben werden”, fordert Schindler.

 

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WWF Living Planet Report

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