WWF: Schutzstatus Wolf - Kritik an Angriff auf den Artenschutz
“Das ist ein populistischer Angriff auf den Artenschutz, weil die regierende Politik ihre Hausaufgaben nicht machen will. Tatsächlich notwendig wäre eine gut geplante Herdenschutz- Offensive“, sagt WWF-Experte Christian Pichler anlässlich der Abstimmung unter den EU- Mitgliedsländern am Mittwoch. Das geplante Vorgehen sei wissenschaftlich nicht gedeckt und könne insgesamt kontraproduktiv wirken. “Als heimische Wildtiere und Beutegreifer sind Wölfe ein natürlicher Beitrag zur Artenvielfalt. Sie verhindern die Ausbreitung von Krankheiten und stärken im Idealfall auch die wichtigen Schutzwälder, weil sie zu hohe Wildbestände reduzieren können”, sagt WWF-Biologe Christian Pichler.
Im Vorjahr wurden in Österreich insgesamt nur 104 Wölfe nachgewiesen, die immer wieder durch rechtswidrige Verordnungen und illegale Abschüsse dezimiert werden. Dabei gelten die meisten erwachsenen Wölfe ohnehin nur als Durchzügler. Als sesshafte Wolfsfamilien gibt es in Österreich derzeit lediglich sechs Rudel. “Damit ist die Art noch weit vom rechtlich geforderten günstigen Erhaltungszustand entfernt, wie es im Juli auch der Europäische Gerichtshof bestätigt hat”, bekräftigt Pichler. Selbst wenn nach einer beantragten Änderung der Berner Konvention der EU-Schutzstatus um eine Kategorie gesenkt werden sollte, bliebe die rechtliche Vorgabe, dass der Wolf in einen günstigen Erhaltungszustand gebracht werden muss. Derzeit verfolgen jedoch Bundesländer wie Salzburg, Kärnten oder Tirol primär eine rechtswidrige Abschuss-Politik, die dem EuGH-Erkenntnis zum Wolf laut Fachleuten eindeutig widerspricht. Zugleich vernachlässigen die zuständigen Landesräte den fachgerechten Herdenschutz und die dafür verfügbaren EU-Fördertöpfe.
Position der Organisation BirdLife
Am 25. September 2024 hat eine Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten dem Vorschlag der EU- Kommission zugestimmt, den Schutzstatus des Wolfes im Rahmen der Berner Konvention herabzustufen. Diese Änderung öffnet dem Abschuss von Wölfen als Scheinlösung für den Raubbau an Nutztieren Tür und Tor, was Europas Verpflichtung zum Schutz und zur Wiederherstellung der Artenvielfalt zuwiderläuft. Die Entscheidung kam zustande, nachdem Deutschland in letzter Minute unerwartet seine Position von Enthaltung zu Unterstützung geändert hatte. Mit dieser Entscheidung haben sich die Mitgliedstaaten entschieden, den Aufruf von über 300 Organisationen der Zivilgesellschaft und Hunderttausenden von Menschen zu ignorieren, die sie aufforderten, den wissenschaftlichen Empfehlungen zu folgen und die Bemühungen zur Förderung der Koexistenz mit Großraubtieren durch Präventionsmaßnahmen zu verstärken.
Die Entscheidung untergräbt nicht nur jahrzehntelange Schutzbemühungen, sondern bedeutet auch einen erheblichen Rückschlag für einen der bemerkenswertesten Erfolge der EU im Bereich des Artenschutzes: das Comeback des Wolfes, der fast ausgerottet war. Die Wissenschaft zeigt, dass die Erholung der Wolfspopulationen noch nicht abgeschlossen ist, und
die Hauptziele der Berner Konvention und der Habitat-Richtlinie - die Wiederherstellung gefährdeter Arten - bleiben unerreicht. Darüber hinaus bestätigt die Kommission in ihrer eigenen eingehenden Analyse, dass es keine Beweise dafür gibt, dass die Keulung die Verwüstung von Nutztieren verringert. Der Vorschlag wird nun auf der nächsten EU- Ratstagung am 26. September formell angenommen, so dass die Europäische Kommission ihn rechtzeitig dem Ständigen Ausschuss der Berner Konvention vorlegen kann. Die EU wird den Vorschlag bei der letzten Abstimmung, die für Dezember geplant ist, als einheitlicher Block unterstützen.
Schutzstatus Wolf: WWF kritisiert Angriff auf den Artenschutz
BirdLife International Presseaussendung