Die EU-Ratspräsidentschaft


Der Vorsitz im Rat der Europäischen Union rotiert zwischen den 27 Mitgliedsstaaten der EU. Ein Wechsel findet alle sechs Monate, nach einer festgelegten Reihenfolge, statt. Da der Rat der Europäischen Union in verschiedenen Zusammensetzungen tagt (etwa als Wirtschaftsministerrat, Umweltministerrat etc.), übernimmt in jeder dieser Zusammensetzungen der/die jeweilige Fachminister*in des jeweiligen Vorsitzlandes den Vorsitz.

Die Aufgaben des Ratsvorsitzes sind die Tagungen des Rates zu organisieren und zu leiten, bei Interessenskonflikten zwischen Mitgliedstaaten oder zwischen dem Rat und anderen Unionsinstitutionen Kompromissvorschläge in Abstimmung mit den betroffenen Parteien zu erarbeiten und den Rat gegenüber anderen Institutionen und Organen der Union, sowie gegenüber anderen internationalen Organisationen und Drittstaaten zu repräsentieren. Er wird nicht gesetzgeberisch tätig, da dies ausschließlicher Kompetenzbereich der EU-Kommission ist.

Da eine Periode von sechs Monaten oft unzureichend ist um Kontinuität und Durchsetzung längerfristiger Ziele zu erreichen, schließen sich seit 2009 jeweils drei aufeinanderfolgende Ratspräsidentschaften zu einer Trio-Präsidentschaft zusammen. Österreich hatte zuletzt den Vorsitz in der Zweiten Jahreshälfte von 2018, in enger Zusammenarbeit mit Estland und Bulgarien.

Den derzeitigen Vorsitz im Rat der Europäischen Union hat Deutschland (darauf folgen wird Portugal). Das Motto der deutschen Ratspräsidentschaft: „Gemeinsam. Europa wieder stark machen.“ Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bei der Übernahme des Vorsitzes im Rat angekündigt den mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) und einen gemeinsamen (Wieder-) Aufbauplan (RRF) in den Mittelpunkt zu stellen. Um gestärkt aus der COVID-19 Krise hervorzugehen, will man sich aber auch auf Klimaschutz und digitale Souveränität sowie auf die globale Verantwortung Europas fokussieren.

In seinem Programm kündigte der deutsche Ministerrat einige wichtige Punkte an, darunter eine Antwort auf die Corona-Pandemie, Stärkung und Innovation, Sicherheit und gemeinsame Werte sowie ein gerechteres Europa.

Ebenfalls ein Programmpunkt ist „Ein nachhaltigeres Europa“. Hier setzt sich der deutsche Ministerrat das Ziel, die „wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie nachhaltig und inklusiv zu bewältigen und dabei den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft mit zu gestalten.“

So werden die Agenda 2030 und die damit verbundenen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) als Leitbild angegeben und der Europäische Green Deal als Strategie bezeichnet. Außerdem hat sich der deutsche Ministerrat als Ziel gesetzt, die neue Biodiversitätsstrategie auf den Weg zu bringen und begrüßt den Vorschlag der Europäischen Kommission, das EU-Ziel für den nationalen Klimabeitrag auf 50-55% im Vergleich zu 1990 anzuheben.

Es soll herausgefunden werden in welchen Bereichen zusätzliche politische Schritte erforderlich sind. Dennoch oder gerade deshalb ist Deutschland der Meinung, dass der für „eine ambitionierte Klima- und Umweltschutzpolitik erforderliche wirtschaftliche, technologische und gesellschaftliche Transformationsprozess“ nur dann erfolgreich sein kann, „wenn er wirtschaftspolitisch ausgewogen sowie sozial gerecht ist und von der gesamten Gesellschaft getragen wird.“

Ebenso wird die Gemeinsame europäische Agrarpolitik (GAP) im Programm angesprochen, zu der die „Vom Hof auf den Tisch“-Strategie der Europäischen Kommission enge Bezüge hat. In diesem Sinne sollen auch Chancen der Digitalisierung verstärkt in die Land- und Fischereiwirtschaft einfließen und ausgebaut werden. Zusätzlich werden Fragen in Bezug auf die Kennzeichnung von Tierwohl auf Lebensmitteln besprochen werden.

Die EU-Ratspräsidentschaft ist nicht zu verwechseln mit dem EU-Ratspräsidenten (Präsident des Europäischen Rates, der die Sitzungen des Europäischen Rates, das Gremium der Staats- und Regierungschefs der EU, leitet. Seit 1. Dezember 2019 ist der Belgier Charles Michel Präsident des Europäischen Rates.