Corona-Hilfen und Klimaschutz: EEB befürchtet Ausnahmen für fossiles Gas

26. Feb 21

Am 12. Februar veröffentlichte die EU-Kommission spezifische Leitlinien für die Klima- und Umweltziele, welche die EU-Mitgliedstaaten in ihren nationalen Ausgabenplänen im Rahmen des Aufbaufonds berücksichtigen müssen. Erste allgemeine Leitlinien hatte die EU-Kommission bereits Ende Jänner vorgelegt.

Dabei geht es um die Verteilung von 672,5 Milliarden Euro der Aufbau- und Resilienzfazilität (Recovery and Resilience Facility, RRF). Diese soll sämtliche EU-Länder finanziell unterstützen, um die Folgen der andauernden Corona-Pandemie auf Wirtschaft und Gesellschaft abzumildern. Dazu müssen die EU-Länder nationale Ausgabenpläne vorlegen, die bestimmte Kriterien erfüllen müssen - wie ein spezifisches Ausgabenziel für Klimaschutz von mindestens 37 Prozent. Außerdem müssen sich alle Investitionen und Maßnahmen am Prinzip der Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen (do no significant harm, DNSH) orientieren, betonte die EU-Kommission.

Weiter heißt es, dass sowohl direkte und als auch indirekte Auswirkungen einer Maßnahme für die DNSH-Bewertung relevant seien, wobei der gesamte Zyklus einer Aktivität, von der Produktion über die Nutzung bis zur End-of-Life-Phase berücksichtigt werden müsse. Zudem seien den Leitlinien zufolge Maßnahmen förderfähig, die eine stärkere Elektrifizierung fördern (z. B. in der Industrie, im Verkehr und bei Gebäuden), selbst wenn der Strom mit fossilen Brennstoffen erzeugt werde.

Zwar sollten die Strom- und/oder Wärmeerzeugung unter Verwendung fossiler Brennstoffe sowie die zugehörige Übertragungs- und Verteilungsinfrastruktur in der Regel nicht als DNSH-konform gewertet werden, doch der Anhang III definiert einige Ausnahmen, die Einzelfallprüfungen unterliegen sollen. Zu diesen Ausnahmen zählen offenbar Maßnahmen, die sich auf „zukunftssichere, flexible und effiziente gasbefeuerte Stromerzeugung oder gasbasierte Kraft-Wärme-Kopplung mit Treibhausgasemissionen von weniger als 250 Gramm CO2-Äquivalent pro Kilowattstunde (gCO2e/kWh) über die wirtschaftliche Lebensdauer der Anlage beziehen“. Wenn der nationale RRF-Plan „glaubwürdige Pläne oder Verpflichtungen zur Steigerung des Einsatzes von erneuerbaren und kohlenstoffarmen Gasen“ enthalte, könne ebenfalls die Ausnahmeregel greifen. Noch bis zum 30. April haben die EU-Länder Zeit, ihre finalen RRF-Pläne bei der EU-Kommission einzureichen.

Den EU-Ländern werde auf diese Weise eine zu große Flexibilität eingeräumt, kritisiert das EEB und meldete Bedenken an. Die Schleusen für noch mehr Fördermittel für Gasprojekte würden geöffnet. „Gas ist kein 'Brückentreibstoff', es ist ein 'stranded asset' und eine Klimakatastrophe für Menschen und den Planeten“, betonte Barbara Mariani vom EEB.

WWF fordert einen klima- und naturverträglichen EU-Aufbau- und Resilienzplan für Österreich

In ihrer Stellungnahme zum nationalen Aufbau- und Resilienz-Plan fordert der World Wildlife Fund (WWF) Österreich von der österreichischen Bundesregierung eine Natur- und Klimaschutz-Offensive. Demnach sollen die aus dem EU-Wiederaufbaufonds abrufbaren Mittel von rund drei Milliarden Euro in die Sanierung klimarelevanter Ökosysteme, in eine Energiespar-Offensive und in ein Öffi-Paket fließen.

So schlägt der WWF in seiner Stellungnahme die Wiederherstellung wertvoller Ökosysteme (Moore, Auwälder, Feuchtgebiete) sowie eine Offensive zur Sanierung der heimischen Flüsse vor. Eine vom Umweltministerium beauftragte Studie zeigt, dass jeder Förder-Euro für den ökologischen Gewässerschutz mehr als drei Mal so viele Investitionen auslöst und zudem tausende Arbeitsplätze schafft. „Sowohl der Arbeitsmarkt als auch die Artenvielfalt würden massiv profitieren“, ist Schachinger überzeugt. Weiters fordert der WWF ein großes Energiespar-Paket für Unternehmen und Haushalte, eine bessere Radweg-Infrastruktur sowie neue Investitionen in emissionsfreie öffentliche Verkehrsmittel.

Darüber hinaus brauche es gezielte Programme zur Entsiegelung von Böden sowie zur Förderung flächensparender Bauweisen. Sämtliche Investitionsprojekte müssten einen unabhängigen Klima- und Bodenverbrauchs-Check bestehen. „Der Neustart nach der Coronakrise muss klima- und naturverträglich sein, damit Österreich langfristig krisensicher ist. Das würde nicht nur tausende neue Arbeitsplätze bringen, sondern auch unsere Gesundheit und Lebensgrundlagen besser schützen”, betont WWF-Bodenschutzsprecherin Maria Schachinger. „Völlig verkehrt wäre es, wenn die geplanten Projekte wieder nur den Bodenverbrauch befeuern“, warnt Schachinger. Mit einem Bodenverbrauch von 13 Hektar pro Tag liegt Österreich um mehr als das Fünffache über den selbst gesteckten Nachhaltigkeitszielen von 2,5 Hektar pro Tag.

Eine Verpflichtung zur frühzeitigen und effektiven Beteiligung der Öffentlichkeit bei Plänen mit Umweltauswirkungen ergibt sich aus der von Österreich ratifizierten Aarhus-Konvention. „Es geht um drei Milliarden Euro, aber die Politik verweigert bisher eine umfassende Begutachtung. Eine Scheinbeteiligung über eine Mail-Adresse und einige wenige unverbindliche Gesprächsrunden greifen viel zu kurz“, kritisiert Schachinger. Hier sei die Bundesregierung säumig. Neben voller Transparenz fordert der WWF daher eine ernst gemeinte Öffentlichkeitsbeteiligung, bevor die Bundesregierung ihre Pläne der EU-Kommission meldet.


Bekanntmachung der Kommission (C(2021) 1054 final): Technische Leitlinien für die Anwendung des Grundsatzes der „Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen“ im Rahmen der Verordnung zur Einrichtung einer Aufbau-und Resilienzfazilität

EEB: Fossil gas included in guidelines for EU recovery plans

Deutscher Naturschutzring (DNR)

WWF (vollständige Stellungnahme)

OTS-Aussendung

Umweltförderung