EEB warnt vor Aufnahme von Atomenergie und Gas in EU-Taxonomie

Ein Kommissionsentwurf zur Taxonomie der EU-Kommission war zu Jahresbeginn europaweit auf Kritik gestoßen. So sei die angekündigte Aufnahme von Atomenergie und Erdgas als „nachhaltige“ Investitionen in die EU-Taxonomie aus Sicht zahlreicher Umweltorganisationen ein grober Fehler. Auch sämtliche im österreichischen Parlament vertretenen Fraktionen sprachen sich im Umweltausschuss in einem Entschließungsantrag dagegen aus, Nuklearenergie im Zuge der EU-Taxonomie-Verhandlungen als eine nachhaltige und damit förderbare Energieform zu definieren.

Die Taxonomie umfasst Kriterien zur Bestimmung, ob eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist, um damit den Grad der ökologischen Nachhaltigkeit einer Investition ermitteln zu können. Sie soll Sicherheit für Investoren schaffen und nach eigenen Angaben der EU „private Investoren vor Greenwashing schützen, Unternehmen helfen, klimafreundlicher zu werden, die Marktfragmentierung abschwächen und dazu beitragen, Investitionen dorthin zu lenken, wo sie am dringendsten benötigt werden.“

In einem Schreiben an die EU-Kommission legt das European Environmental Bureau (EEB) eine Liste faktenbasierter Argumente vor, warum keiner der beiden als nachhaltiger Weg zur Erreichung eines dekarbonisierten und schadstofffreien Energiesystems angesehen werden kann, und empfiehlt der EU, davon abzusehen, fossiles Gas und Kernenergie als nachhaltige Investitionen in die EU-Taxonomie einzubeziehen.

EEB: EU-Klimaagenda riskiert Glaubwürdigkeit

Der Vorschlag der Europäischen Kommission, Kernkraft und Gas als nachhaltige Investitionen für die Stromerzeugung in die EU-Taxonomie aufzunehmen, riskiere nach Ansicht des EEB somit, die Glaubwürdigkeit der gesamten EU-Klimaagenda und des europäischen Grünen Deals zu beeinträchtigen.

„Die EU-Taxonomie wurde als Instrument versprochen, um Investoren dabei zu helfen, nachhaltige wirtschaftliche Aktivitäten zu erkennen und zu kennzeichnen, den Übergang zu einer kohlenstofffreien Zukunft zu fördern und die Finanzierung auf jene Lösungen zu lenken, welche die Gesellschaft braucht. Die Einbeziehung von Gas würde jedoch fossile Brennstoffe einschließen, und die Einbeziehung von Kernkraft würde Risiken und Verantwortung für radioaktive Abfälle für kommende Generationen einschließen“, betont das EEB in seinem Schreiben. „Beides würde finanziell zulasten besserer Lösungen wie Energieeffizienzmaßnahmen, Gebäudesanierung, erneuerbare Energien und Wärmepumpen gehen.“

Mit der Einbeziehung von Kernenergie und Gas als nachhaltige Investitionen würde die EU diese Energiequellen nicht nur „grünwaschen“, sondern auch das gute Funktionieren nachhaltiger Finanzen behindern. Wenn Gas und Kernenergie in die Taxonomie aufgenommen werden, können sich Investor*innen nicht auf eine gemeinsame, robuste und wissenschaftlich fundierte Klassifizierung nachhaltiger Wirtschaftstätigkeiten verlassen, was das Hauptziel der Verordnung verwässere. Es würde auch die Arbeit der Investor*innen noch komplizierter machen, zumal jene, die nachhaltige Produkte anbieten wollen, weiterhin Atomkraft und Gas vermeiden wollen. Es wird für sie eine große Herausforderung sein, während andere Investor*innen in der Lage sein werden, ihr Geschäft wie gewohnt fortzusetzen und nachhaltige Produkte zu nennen, die umwelt- und sozialschädliche wirtschaftliche Aktivitäten beinhalten.

„Die Unterstützung von Gas und Kernenergie in der Taxonomie ist daher ein Schritt in die falsche Richtung für Europa, für die Dekarbonisierung, und würde die Glaubwürdigkeit des europäischen Grünen Deals und der europäischen Institutionen selbst untergraben. Es gibt keinen triftigen klimatischen, ökologischen oder wirtschaftlichen Grund für die EU, Maßnahmen zu unterstützen, die von einer Untergruppe von Mitgliedstaaten vorgeschlagen werden, wenn es bessere Alternativen gibt“, schreibt das EEB weiter und hebt hervor, dass es viele gute Gründe für den Ausschluss von Gas und Kernkraft gäbe.

„Die Taxonomie sollte leiten, und sie sollte in Richtung Nachhaltigkeit führen. Wir fordern Sie daher dringend auf, davon abzusehen, fossiles Gas und Atomkraft als nachhaltige Investition in die ergänzenden Regeln zur EU-Taxonomie aufzunehmen“, so das EEB abschließend.

Naturfreunde International und atomstopp_atomkraftfrei leben!: Keine Nachhaltigkeit durch Atomkraft

Auch die Naturfreunde Internationale warnen vor einer Aufnahme von Atom und Gas in die EU-Taxonomie. Die Aufnahme von Atomkraft und fossilem Gas in die kürzlich veröffentlichte Europäische Taxonomie widerspriche dem Ziel der Taxonomie, private Investor*innen vor Greenwashing zu schützen, sowie dem „Do No Significant Harm“-Prinzip der Taxonomie. Durch die Umleitung großer Investitionsmittel in nicht nachhaltige Formen der Energieerzeugung berge die Taxonomie die Gefahr, dass die gesamte EU-Klimaagenda und der europäische Green Deal entgleisen.

Klare Worte findet auch die Initiative atomstopp_atomkraftfrei leben! Atomkraftwerke sind weltweit kategorisch und drastisch unterversichert, warnt die Initiative atomstopp_atomkraftfrei leben! Störfälle, wie sie die Atomindustrie bereits mannigfach bis hin zu den GAUs in Fukushima oder Tschernobyl verursacht hat, hätten „volkswirtschaftlich ruinöse Schäden“ zur Folge. „Dass nun genau diese Technologie in die EU-Taxonomie, also in den Kriterienkatalog für förderungsfähiges Wirtschaften im Sinne der Nachhaltigkeit aufgenommen werden soll, stellt unter diesem Aspekt eine nicht hinnehmbare Diskrepanz dar“, so die Initiative.
 

EEB position on the inclusion of nuclear energy and fossil gas as sustainable investments in the EU Taxonomy Complementary Delegated Act

EEB-Brief an EU-Kommission

Atomstopp - Haftpflicht

EU taxonomy for sustainable activities

WWF Presseaussendung

Greenpeace Presseaussendung