EU-Abgeordnete fordern mehr Rücksicht auf Tierwohl bei Tiertransporten

Mit großer Mehrheit hat das Europäische Parlament den Abschlussbericht des Sonderausschusses für Tiertransporte im Europäischen Parlament (ANIT) angenommen. Dabei gab es 30 Ja-Stimmen und eine Enthaltung. Die bestehenden EU-Vorschriften zu Tiertransporten seien laut den EU-Parlamentarier*innen veraltet, irreführend, würden nur unzureichend umgesetzt und darüber hinaus „den unterschiedlichen Transportbedürfnissen von Tieren nicht vollständig Rechnung tragen“. Der Abschlussbericht fasst die Ergebnisse einer Analyse der letzten Monaten über Verstöße gegen Tierschutzvorgaben der EU beim Transport von noch lebenden Tieren zusammen.

In einem weiteren Bericht formulierte der Sonderauschluss Empfehlungen für eine Verbesserung der Situation. Dieser wurde von den EU-Abgeordneten mit 24 Ja-Stimmen, einer Gegenstimme und 5 Enthaltungen angenommen. Demnach sollen beispielsweise Überwachungskameras und Temperatur-, Feuchtigkeits- und Ammoniakmessgeräte in Transportfahrzeugen Verstöße gegen geltendes Recht verhindern. Außerdem solle die EU-Kommission bis spätestens 2023 einen Aktionsplan für den Übergang zu einem „effizienteren und ethischeren“ Tiertransportsystem vorlegen. Dieser müsse unter anderem die Regelung beinhalten, dass die Beförderung von Fleisch und Fleischprodukten Lebendtiertransporten vorgezogen werden und der Transport von Tieren, die jünger als 35 Tage sind, verboten ist. Die Bedingungen sowie die Einhaltung von EU-Standards bei Transporten in Drittstaaten sollen von den Mitgliedstaaten kontrolliert werden.

Bericht für Tierschutzorganisationen zu wenig abmitioniert

Vielen Tierschutzorganisationen gehen die Forderungen nicht weit genug. Zwar begrüßten Tierschutzorganisationen die Analyse des Ausschusses, kritisierten jedoch fehlende konkrete Forderungen etwa zu einer maximalen Transportzeit von acht Stunden und einem Verbot von Lebendtiertransporten in Drittstaaten.

Nach Ansicht des Deutschen Tierschutzbunds sind die Ergebnisse des Sonderausschusses „wenig ambitioniert und unkonkret“. In dem Bericht fehle „die klare Empfehlung, Langstreckentransporte, insbesondere in Länder außerhalb Europas zu beenden“, erklärte Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Die neue deutsche Bundesregierung sei jetzt gefordert, die fehlenden Punkte umzusetzen „und sich auf EU-Ebene für dieses Ziel stark [zu] machen, so Schröder.

Die Tierschutzorganisation ProVieh forderte die EU-Kommission auf, den geltenden Rechtsrahmen dringend zu überarbeiten und die EU-Mitgliedsstaaten zu einer besseren Rechtsdurchsetzung verpflichten“. ProVieh bezeichnet die Inhalte des ANIT-Abschlussberichts als „vernichtend – und doch wenig überraschend“.

Die Tierschutzorganisation Vier Pfoten hingegen sieht in den Empfehlungen einen möglichen ersten Schritt sein, „die systemischen Probleme von Lebendtiertransporten innerhalb und außerhalb der EU in Zukunft besser zu regeln“. Allerdings gingen sie „definitiv nicht weit genug“, erklärte Rüdiger Jürgensen, Politischer Direktor von Vier Pfoten. „All die Millionen transportierten Tiere leiden schreckliche Qualen auf den oft tage- und wochenlangen Routen. Hier muss dringend nachgebessert werden“, so Jürgensen.

Schließlich sieht Eurogroup for Animals den ANIT-Bericht als eine „verpasste Chance“ zur Einleitung eines systemischen Wandels. Er zeuge „von einer politischen Spaltung des ANIT-Ausschusses und von einem schwerwiegenden Versäumnis, die Grausamkeiten und Tragödien anzugehen, mit denen wir seit Jahrzehnten konfrontiert sind“, erklärte Reineke Hameleers, Geschäftsführerin von Eurogroup for Animals.

Voraussichtlich im Jänner wird das Plenum des EU-Parlaments über die Empfehlungsentwürfe abstimmen.
 

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