EU-Parlament: Tierschutzrecht mit stärkerer Rücksicht auf Landwirtschaft

 

Mit 36 zu 5 Stimmen stimmten Parlamentarier*innen des Agrarausschusses im Europäischen Parlament vergangene Woche für den Bericht von Jérémy Decerle (Renew, Frankreich), wonach die aktuellen EU-Gesetze zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere stärker auf Wissenschaft basieren und einheitlich umgesetzt werden sollten. Darin fordern sie „zukunftssichere EU-Tierschutzvorschriften, die in allen Mitgliedstaaten einheitlich umgesetzt werden“ und „auf wissenschaftlichen Daten, Folgenabschätzungen und einem artenspezifischen Ansatz beruhen.“ Neue Anforderungen an landwirtschaftliche Betriebe müssten mit ausreichend Zeit und Finanzierung für eine entsprechende Umstellung einhergehen.

Erst im Juni hatte das EU-Parlament einen schrittweisen Ausstieg aus der Käfighaltung in der EU gefordert. Nun wiesen die Agrarpolitiker*innen in ihrem Bericht darauf hin, dass auch diese Entwicklung von finanzieller Unterstützung für Landwirt*innen begleitet werden müsse. Auch forderten eine klare Definition des Begriffs „Käfig“.

Bestehende Tierschutzkennzeichnungen sollten EU-weit vereinheitlicht, allerdings auf freiwilliger Basis weiterlaufen. Laut der Resolution sei eine zukünftige verbindliche Kennzeichnung zu prüfen. Voraussichtlich im November oder Dezember wird das Plenum des Europäischen Parlaments über den Bericht abstimmen.

Tierschützer*innen kritisierten den Bericht

Die Tierschutzorganisation Compassion in World Farming kritisierte den angenommenen Text als zum Teil im Widerspruch zu bisherigen Positionen des EU-Parlaments stehend. Demnach habe das EU-Parlament in seiner Entschließung im Juni gefordert, die Produktion von Foie Gras – Stopfleber – aus Tierschutzgründen zu verbieten.

Der Agrarausschuss sieht in dem verabschiedeten Bericht jedoch kein Problem, zumal die Produktion „die biologischen Parameter der Tiere“ respektiere. Darüber hinaus sei die Bemerkung des Agrarausschusses, dass die Verringerung der Zahl der Nutztiere nicht mit den europäischen Umweltzielen vereinbar sei, nach Ansicht von Compassion in World Farming nicht vereinbar mit dem kürzlich verabschiedeten Bericht zur Farm-to-Fork-Strategie.

„Der Titel dieses Berichts könnte genauso gut in ´Ode an die Landwirte´ geändert werden“, kritisierte Olga Kikou, Leiterin von Compassion in World Farming. Er stelle die Interessen der Landwirt*innen unverhältnismäßig stark in den Vordergrund und vernachlässige dabei das Tierleid, „das hinter den verschlossenen Türen der Massentierhaltung stattfindet.“
 

EU-Parlament: Agriculture MEPs call for a scientifically-sound update of animal welfare rules

Procedure File: 2020/2085(INI) Implementation report on on-farm animal welfare

Compassion in World Farming: „Implementation of on-farm animal welfare” or „ode to farmers”?

Deutscher Naturschutzring: EU-Tierschutzrecht: Tiere oder landwirtschaftliche Betriebe schützen?