Mikroplastik zieht Schadstoffe an

Die Ergebnisse eines Forschungsprojekts der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) zeigen auf, dass winzige Plastikpartikel in den Böden von Flüssen und Meeresgewässern in Deutschland bereits weit mehr Schadstoffe ansammeln, als bislang angenommen. Demnach trägt vor allem der am häufigsten genutzte Kunststoff Polyethylen (PE) zu den massiven Umweltproblemen durch Mikroplastik bei.

Mikroplastik aus größeren Plastikteilen, die durch mechanische Belastung und UV-Strahlung in immer kleinere Fragmente zerfallen, ist selbst unter dem Mikroskop nicht von Sandkörnern zu unterscheiden. Allerdings ziehen die kleinen Plastikkügelchen Schadstoffe wie Dioxine oder Polychlorierte Biphenyle an wie ein Magnet. Und mit dieser giftigen Fracht gelangen sie auch in die Nahrungskette.

In Flussmündungen finden sich teils schon mehrere Tausend Mikroplastikpartikel je Kilogramm Sediment. Toxikologen der HAW fanden heraus, dass Mikroplastik etwa drei bis vier Mal so viel Gift enthält wie der umliegende Gewässergrund.

Zahlreiche Studien haben bereits untersucht, wie sich die Aufnahme auf die Gesundheit von kleinen und großen Organismen auswirkt. Wissenschaftler vom Alfred-Wegener-Institut konnten zeigen, dass nicht alle Lebewesen im Meer gleich empfindlich darauf reagieren.

Was aus dieser Belastung letztlich für den Menschen folgt, der Meeresfrüchte und Fisch als hochwertige Lebensmittel konsumiert, ist bislang nicht bekannt. Der Präsident der HAW glaubt, dass es noch Jahrzehnte dauern kann, bis man etwa über mögliche zusätzliche Krebsfälle durch die aufgenommenen Umweltgifte ein klares Bild hätte. Zu lange eigentlich, um tatenlos zu warten.

Unklar bleibt, wie das Plastikproblem in den Griff zu bekommen wäre, da Kunststoffe wie Polyethylen weltweit verbreitet sind, sodass sich die in Deutschland durchgesetzten Gebühren für Plastiksäcke und das Pfand für Getränkeflaschen aus Kunststoff kaum positiv auswirken werden.

Es gibt zurzeit ein EU-Projekt zu Mikroplastik, an dem 24 Institutionen aus elf europäischen Ländern beteiligt sind. Die Untersuchungen von Witts Team an der HAW waren allein auf die Frage ausgerichtet, in welchen Mengen die flottierenden Plastikpartikel Schadstoffe anreichen.

 

Süddeutsche Zeitung online Mikroplastik: Wie ein Magnet für Schadstoffe