Studie zeigt: Meeresschutzgebiete kaum geschützt

15. Jan 21

Europäische Meeresschutzgebiete (MPAs) bieten wenig tatsächlichen Schutz. Das belegt ein von der Meeresschutzorganisation Oceana veröffentlichter Bericht. Demnach waren im Untersuchungsjahr 2018 rund 70 Prozent der 3.449 untersuchten Natura-2000-Gebiete von mindestens einer großen Bedrohung betroffen, wobei in einigen Gebieten in den Niederlanden und in Großbritannien bis zu zwölf Stressfaktoren gefunden wurden. Als Bedrohungen zählen die Organisation Ankerplätze, Aquakulturfarmen, Baggerarbeiten, Baggergutverklappung, Fischerei, Öl- und Gasbohrungen, Öl- und Gasanlagen, Schiffsverkehr, andere Plattformen, Häfen, Unterwasserpipelines, Unterseekabel und Windparks.

Nur 0,07 Prozent der Gesamtfläche des MPA-Netzwerks war von keiner der bewerteten Bedrohungen betroffen, während schädliche Fanggeräte 86 Prozent des Netzwerks, das Lebensräume schützen soll, beeinträchtigten. Auf weniger als 0,5 Prozent der Fläche sind umweltschädliche Industrieaktivitäten verboten. Für einen Großteil der Gebiete existieren keine oder schlechte Managementpläne. Oft sei überhaupt nur das „legale Minimum“ geregelt, kritisiert Oceana.

„Wenn die EU und Großbritannien jetzt 30 Prozent Schutzgebiete bis 2030 anstreben, ist eine radikale Änderung erforderlich, um MPAs tatsächlich den Biss zu verleihen, wirtschaftliche Aktivitäten einzuschränken und die Natur effektiv zu schützen“, betont Oceana-Sprecher Nicolas Fournier. „Das gilt besonders in einer degradierten Meeresumwelt, die erheblichem und zunehmendem Druck ausgesetzt ist, auch durch den Klimawandel."

    •      2018 umfassten Natura-2000-Gebiete (MPAs) 551.296 Quadratkilometer der Meeresfläche

    •      380 Quadratkilometer der Gesamtfläche waren von keiner der 13 bewerteten Bedrohungen betroffen

    •      In keinen Ländern sind weniger als 50 Prozent der MPAs bedroht

    •      510 der lebensraum-'schützenden' MPAs erlauben lebensraumschädigendes Fanggerät

    •      86 Prozent des "geschützten" Meeresbodens in MPAs sind risikoreichen Fanggeräten ausgesetzt

 

Europäische Umweltagentur kommt zu ähnlichen Ergebnissen

Die Europäische Umweltagentur (EEA) warnt, dass menschliche Aktivitäten Europas Meere inzwischen auf allen Ebenen bedrohen. Der überwiegende Teil der Meeresfläche Europas (93 Prozent) ist verschiedenen Belastungen durch menschliche Aktivitäten ausgesetzt. Zudem gibt es kaum Bereiche, die nicht von mindestens zwei Belastungen betroffen sind. Das zeigt ein Briefing der EEA mit dem Titel "Multiple pressures and their combined effects in Europe's seas".

Die Hauptbelastungen umfassen Verschmutzung, Verlust von Lebensräumen und Störungen durch die Grundschleppnetzfischerei, die an der Küste und in den Schelfgebieten am intensivsten ist. Der Klimawandel verstärke die Sorge um die Widerstandsfähigkeit der Meeresökosysteme, so die EEA. Die Belastungsdaten der EEA zeigten, dass die umfangreichsten Auswirkungen in den Küsten- und Schelfgebieten der Nordsee und teilweise in der Ostsee sowie der Adria zu finden sind. Schwerwiegende Auswirkungen wurden in den schmalen Schelfgebieten des westlichen Mittelmeers festgestellt. Große Datenlücken bei der Bewertung gebe es im Mittelmeer und im Schwarzen Meer. Das Wachstum der maritimen Wirtschaft in der EU und der dadurch verstärkte Wettbewerb um Meeresraum und Ressourcen müssten von der Degradation der Meeresökosysteme entkoppelt werden, warnt die EEA.

 

Oceana-Pressemitteilung: New study reveals extent of European marine paper parks: 96% allow destructive activities inside their boundaries

EEA-Briefing: Multiple pressures and their combined effects in Europe's seas

On International Mountain Day, Oceana sheds light on poorly protected underwater mountains

Deutscher Naturschutzring