WWF-Bericht fordert Halbierung der Lebensmittel-Verschwendung
2. Okt 20
Weltweit werden mehr als eine Milliarde Tonne Lebensmittel - das ist ein Drittel der weltweit produzierten Nahrungsmittel - gar nicht gegessen, verursacht aber bis zu zehn Prozent der globalen Treibhausgasemissionen. Allein in der Europäischen Union gehen 88 Millionen Tonnen an genießbaren Lebensmitteln verloren oder werden weggeworfen, eine Million davon in Österreich. Über die gesamte Wertschöpfungskette bedeutet das umgerechnet einen Verlust von durchschnittlich 173 Kilogramm pro Person und Jahr.
Angesichts dieser Zahlen einer Studie, die anlässlich des ersten internationalen Tages gegen Lebensmittel-Verschwendung am 29. September veröffentlicht wurden, fordern der WWF und die Nachhaltigkeits-NGO Waste and Resources Action Programme (WRAP) die Politik zum Handeln auf. Bis zum Jahr 2030 fordert der WWF die Halbierung der Lebensmittel-Verschwendung.
„Wir brauchen gesetzlich verpflichtende Aktionspläne und Standards, die vom Feld bis zum Teller wirken“, fordert Olivia Herzog, Programmleiterin Nachhaltige Ernährung vom WWF Österreich. „Die Produktion von Lebensmitteln verbraucht extrem viel Wasser, Energie und Boden. Daher ist jedes verschwendete Produkt eine sinnlose Belastung unserer Umwelt. Hier muss die Politik gegensteuern, gerade auch vor dem Hintergrund, dass fruchtbare Böden ein knapper werdendes Gut sind.“ Wichtig wäre auch eine bessere Datenlage, weil es zum Beispiel in der Landwirtschaft noch große Lücken gibt, so Herzog.
Darüber hinaus verursacht die Lebensmittel-Verschwendung einen hohen finanziellen Schaden, der laut den für die Europäische Union verfügbaren Schätzungen auf rund 143 Milliarden Euro pro Jahr ausmacht. Darunter fallen Kosten für die Erzeuger und die verarbeitenden Betriebe, die zum Beispiel genießbare Produkte entsorgen (müssen), weil sie in Bezug auf ihre Größe und Ästhetik nicht den am Markt gewünschten Standards entsprechen. Weitere Aufwendungen hat der Einzelhandel, dem während des Transports verdorbene Produkte verlorengehen und der nicht verkaufte Produkte wegwirft. Hohe Kosten entstehen auch für Haushalte, die besonders viele genießbare Lebensmittel wegwerfen – etwa wegen des Einkaufes zu großer Mengen, falscher Lagerung oder dem fehlenden Wissen darüber, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum nicht dem Verfallsdatum entspricht. Dazu kommt schließlich noch der Aufwand für die Abholung, Entsorgung und Behandlung von Abfällen.
Bis zu 16 Prozent der gesamten Emissionen der Lebensmittelkette in der Europäischen Union sind laut dem WWF auf die Lebensmittel-Verschwendung zurückzuführen. „Je weniger Lebensmittel verschwendet werden, desto besser - aber in den Klimaplänen findet sich dazu wenig bis nichts“, kritisiert Herzog. „Sowohl die EU-Kommission als auch die österreichische Bundesregierung müssen deshalb dringend einen wirksamen Aktionsplan vorlegen, um die Verschwendung auf allen Ebenen zu reduzieren.Freiwillige Branchenvereinbarungen und Bewusstseinsbildung sind wichtig, reichen aber bei weitem nicht aus. Einerseits braucht es ein deutlich besseres Monitoring der Lebensmittelabfälle, andererseits rechtlich verbindliche Reduktionsziele, bessere Standards und klare Verantwortlichkeiten. Denn solange sich niemand wirklich zuständig fühlt, wird sich in der Praxis nichts verbessern“, sagt Olivia Herzog.
Nur zwölf Prozent aller Staaten würden ihre Lebensmittelverschwendung messen, nur 15 Prozent würden auch Maßnahmen setzen, kritisieren der WWF und WRAP. Sie fordern, dass die EU bei der Bekämpfung von Lebensmittelverschwendung eine Vorreiterrolle einnimmt. Ein wichtiger Anfang sei es, einen bereits beschlossenen EU-Aktionsplan für mehr Kreislaufwirtschaft rasch in nationales Recht umzusetzen, die Verschwendung von Lebensmitteln EU-weit zu messen und in den kommenden Jahren entsprechende Instrumente zu entwickeln.
Weitere Informationen:
Der WWF-WRAP Bericht „Halbierung von Lebensmittelverlusten und -verschwendung in der EU bis 2030: die wichtigsten Maßnahmen für schnelleren Fortschritt“ zum Download: WWF_Lebensmittelverschwendung_Bericht
Zur Lebensmittelverschwendung in Österreich: Aktuelle Schätzungen ergeben eine jährliche Menge an vermeidbarer Lebensmittelverschwendung von rund einer Million Tonnen. Weitere Details gibt es hier: www.wwf.at/frisch-verfault